Steigende Fallzahlen im Westbalkan: Schweizer Politiker und die Corona-Taskforce des Bundes fordern Quarantäne für Serbien-Rückkehrer Im Westbalkan nehmen die registrierten Covid-19-Fälle stark zu. Politiker und die Corona-Taskforce des Bundes möchten daher die Kontrollen für Einreisende insbesondere aus Serbien verschärfen. André Müller 27.06.2020, 11.49 Uhr Drucken Teilen Die Direktflüge zwischen Zürich und Belgrad finden statt, obwohl noch starke Einreisebeschränkungen für Nicht-Schengenstaaten bestehen. Die Direktflüge zwischen Zürich und Belgrad finden statt, obwohl noch starke Einreisebeschränkungen für Nicht-Schengenstaaten bestehen. Karin Hofer / NZZ Die Zahlen sind noch tief, doch der Trend ist besorgniserregend. Die Schweiz registriert in den letzten Tagen wieder mehr positive Corona-Tests pro Tag. In den Fokus rücken dabei auch Personen, die von Ferien oder Verwandtenbesuchen im Westbalkan zurückkehren. Von den 52 am Donnerstag gemeldeten Neuinfektionen entfielen 7 auf Personen, die aus Serbien ins Land kamen. Das sagte Stefan Kuster, der Leiter der Abteilung Übertragbare Krankheiten beim BAG, am Donnerstag vor den Medien. Am Freitag sagte Kantonsärztin Christiane Meier an einer Pressekonferenz, dass im Kanton Zürich 11 bestätigte Fälle auf Serbien-Rückkehrer zurückzuführen seien. Die Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli forderte vom Bund weitere Massnahmen für den Fall, dass Rückkehrer aus bestimmten Ländern erkranken. Nebst Serbien könnten etwa Pakistan oder die Karibik im Fokus stehen. Es brauche eine Lösung mit Blick auf die Sommerferien, sagte Rickli. Solche Massnahmen gibt es bereits in Bezug auf Schweden, das von der Covid-19-Krise weiterhin stark betroffen ist: Wer per Direktflug aus dem nordischen Land einreist, muss sich am Flughafen einer Temperaturkontrolle unterziehen. Im «Tages-Anzeiger» fordern nun zahlreiche Bundespolitiker Massnahmen in Bezug auf Serbien, etwa Covid-19-Tests für Rückkehrer. Die Entwicklung der Covid-19-Erkrankungen auf dem Westbalkan ist für die Schweiz relevant, da zahlreiche Migranten aus diesen Ländern hierzulande wohnen. Auch viele Schweizerinnen und Schweizer haben familiäre Beziehungen nach Albanien, Kosovo, Bosnien oder Serbien. Die Schweiz hat ihre strikten Grenzschliessungen per 8. Juni gelockert, allerdings nur für Personen aus dem Schengenraum. Für die Länder im Westbalkan gelten weiterhin starke Einreisebeschränkungen. Schweizer und Ausländerinnen mit Aufenthaltsbewilligung können aber ihre Familie oder Freunde in Belgrad oder Pristina besuchen und anschliessend wieder in die Schweiz einreisen. Die Direktflüge zwischen Belgrad und Zürich werden etwa wieder durchgeführt. Die Corona-Taskforce empfiehlt eine zehntägige Quarantäne bei der Rückkehr aus Ländern, welche die Coronakrise nicht im Griff haben. Der Leiter der Taskforce, Matthias Egger, befürwortete solche Massnahmen dem «Tages-Anzeiger» gegenüber explizit auch für Serbien. Der Zuger Kantonsarzt Rudolf Hauri sagte, dass Fälle von angesteckten Rückkehrern aus der ganzen Region, nicht nur aus Serbien festgestellt wurden. Das deckt sich mit der Entwicklung der beobachteten Fallzahlen im Westbalkan: Während die erste Welle im März und April über Westeuropa schwappte, kamen diese Länder alle noch ziemlich glimpflich davon. Doch seit einigen Tagen steigen die registrierten Ansteckungen deutlich an. Gemäss offiziellen Zahlen ist die Situation in Nordmazedonien schon seit einiger Zeit angespannt. Das kleine Land (rund zwei Millionen Einwohner) verzeichnete in den letzten Wochen stets 100 bis 200 neue Fälle pro Tag. Ähnliches gilt für Albanien und Bosnien-Herzegowina. Kroatien registrierte ab Mitte Mai für mehrere Wochen praktisch keine neuen Fälle mehr, seit rund zehn Tagen nehmen die gemeldeten Ansteckung aber auch hier auf tiefem Niveau wieder rasch zu. Ähnliches gilt für das kleine Montenegro. Verhängnisvolle Tennis-Partys Serbien, das bevölkerungsreichste Land im Westbalkan, verzeichnete Anfang bis Mitte April seinen bisherigen Höchststand an bestätigten Fällen von Covid-19, gemäss Statistiken der Johns-Hopkins-Universität mit rund 400 Fällen pro Tag. Der erste Ausbruch war demnach deutlich schwächer als in der Schweiz, die bei einer leicht grösseren Bevölkerung Ende März bis zu 13oo Fälle pro Tag verzeichnete und dabei viele Ansteckungen verpasste. Während die Schweiz bisher knapp 2000 Todesfälle wegen Covid-19 verzeichnete, sind es in Serbien nur 265. In den letzten Wochen stiegen die offiziell bestätigten Fallzahlen in Serbien allerdings auf tiefem Niveau wieder an. In der ersten Juni-Hälfte registrierten die Behörden täglich zwischen 50 und 100 Ansteckungen, am Freitag waren es bereits wieder 193. Bekannt ist, dass sich rund um die «Adria Tour», einer Serie von Tennisturnieren in den Balkanländern, zahlreiche bekannte Tennisspieler und ihre Betreuer mit dem Virus angesteckt haben, darunter auch die Weltnummer eins, Novak Djokovic. Der Serbe hatte die Adria Tour ins Leben gerufen, sich bei der Durchführung aber kaum um Schutzmassnahmen gegen die Verbreitung des Virus gekümmert. Auf Videos sind er und andere Spieler beim Tanzen in einem Club in Belgrad zu sehen, inmitten einer grösseren Menschenmenge. Bilder vom Turniergelände zeigen, dass er wenig Abstand zu Fangruppen vor Ort hielt. Mehr zum Thema